Im Porträt Biogas to go – So genial einfach ist die Idee von Katrin Pütz

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Katrin Pütz mit Biogas-Transportrucksack
Auch in ihrem Zuhause bei Köln kocht Katrin Pütz mit ihrem Biogas-Rucksack. Bild: Katrin Pütz

Biogas ist CO2-neutral und daher gut fürs Klima. Nebenbei werden noch Abfälle und Rinder-oder Pferdemist verwertet. So weit, so gut. Ingenieurin und Unternehmerin Katrin Pütz ist aber noch einen Schritt weiter gegangen: Sie wollte Biogas für Menschen in Äthiopien zugänglich machen – und zwar so einfach wie möglich. Dafür hat sie einen Rucksack entwickelt, mit dem nun schon viele Menschen in Afrika kochen.

Katrin Pütz mit Biogas-Transportrucksack

Gesprächszeit Warum Katrin Pütz einen Rucksack für Biogas erfunden hat

Biogas ist CO2-neutral und daher gut fürs Klima. Doch nicht alle haben Zugang dazu. Katrin Pütz hatte ein Idee, wie Menschen in Afrika mit Biogas kochen können.

Bild: Katrin Pütz

Das Prinzip ist ganz einfach: Ein Behälter ist über einen Schlauch mit dem Rucksack verbunden. In den Behälter werden Rindermist, Küchenabfälle oder Pferdemist geschüttet, mit etwas Wasser vergärt der Abfall. Das daraus entstehende Gas wird über den Schlauch in den Rucksack geleitet. Der Sack wiederum kann dann an einen Gasbrenner angeschlossen werden. Und hat noch einen Vorteil: Man kann ihn mit nur vier Kilogramm Gewicht auf den Rücken schnallen. So wird daraus gleichzeitig ein kleines Unternehmen: Überschüssiges Biogas kann in dem Rucksack an andere verkauft werden.

Universität in Äthiopien war sofort interessiert

Den Biogas-Rucksack hat Katrin Pütz an der Universität in Hohenheim entwickelt. Um ihn aber kompatibel für Afrika zu machen, ist sie nach Äthiopien gereist und hat sich dort nach einem geeigneten Sack umgesehen – damit die Menschen die Säcke auch vor Ort kaufen können.

Wir wollen dieses Produkt und wir zahlen dafür, dass wir es hier umsetzen können.

Sor reagierte die Universität Addis Abeba auf Katrin Pütz' Idee
Salome mit Biogas-Transportrucksack
Dank seines geringen Gewichts kann das Biogas einfach transportiert und auch weiterverkauft werden. Bild: Katrin Pütz

Dann ist etwas passiert, dass Katrin Pütz als "Traum, den man sich nicht mal wagt, zu träumen" beschreibt. Die Universität in Addis Abeba hat davon Wind bekommen und sie eingeladen: "Äthiopien hat gesagt, wir wollen dieses Produkt und wir zahlen dafür, dass wir es hier umsetzen können." Nach dem Gespräch hatte Pütz ein Forschungsjahr an der äthiopischen Uni sicher und konnte ihre Erfindung an Ort und Stelle erproben.

Nach nunmehr 13 Jahren seit der Erfindung ist der Rucksack in fast jedem Land zu finden. Am häufigsten wird er aber in Äthiopien verwendet. Dort ist er zu einer großen Hilfe vor allem für die Frauen geworden: Bisher saßen sie stundenlang am offenen Feuer und mussten zuvor das oft teure Holz zu ihrem Haus schleppen. Viele litten durch die jahrelange Rauchbelastung an Lungenkrankheiten. Jährlich sterben über vier Millionen Menschen in Afrika an den Folgen von Rauchvergiftungen.

Entwicklungshilfe lehnt Pütz ab

2014 hat Katrin Pütz eine Firma gegründet, mit der sie den Biogas-Rucksack vertreibt. Sehr wichtig ist ihr aber, dass ihre Firma ohne Entwicklungsgelder auskommt. "Entwicklungshilfe müsste abgeschafft werden", ist sie überzeugt. Die Entwicklungshilfeprojekte, die sie in Äthiopien und Ruanda gesehen hätte, seien zwar erst erfolgreich gewesen. Aber als die Projektbeteiligten aus dem Westen dann abgereist waren, seien die Projekte gescheitert. "Man hat den Menschen in Äthiopien Biogasanlagen geschenkt. So lange sie liefen, war das Projekt erfolgreich. Als die Biogasanlagen dann aber kaputtgegangen sind, hatten die afrikanischen Betreiber kein Geld, sie zu reparieren."

Die beste Entwicklungshilfe ist keine Entwicklungshilfe!

Katrin Pütz geht mit der Entwicklungshilfe-Industrie hart in die Kritik

Ihrer Meinung nach sei Entwicklungshilfe nicht gut genug auf die Menschen abgestimmt, denen sie helfen soll. "Die beste Entwicklungshilfe ist keine Entwicklungshilfe", so ihr glasklarer Standpunkt. Daher lehnt Katrin Pütz jede staatliche Unterstützung ab. Und hat eine Organisation gemeinsam mit Menschen aus Äthiopien gegründet, die Biogasanlagen ohne diese Gelder auf dem afrikanischen Kontinent erfolgreich machen will. Sie wollen erreichen, dass sich immer mehr Menschen gegen die bisherige, etablierte Entwicklungshilfe aus dem Westen wehren. Zusätzlich haben sie einen Reparaturservice installiert, der die defekten Biogasanlagen aus dem Westen zu einem erschwinglichen Preis repariert: "Mein Ziel in einer idealen Welt ist es, Energiearmut zu stoppen."

Seit Gaskrise auch in Europa gefragt

Doch die 44-jährige Kölnerin hat noch viel mehr gemacht in ihrem Leben: Nach ihrer Ausbildung zur Schreinerin hat sie Agrartechnik studiert. Während ihres Studiums zur Agraringenieurin hat sie als Köchin, Reiseleiterin und Hüttenwirtin gearbeitet. Und hat in Australien Stiere gefangen. Was sie deswegen bis heute kann: "Jeeps reparieren! Und im Outback ohne jede Hilfe überleben."

Die Agraringenieurin Katrin Pütz hat eine Mini-Biogasanlage erfunden und vertreibt sie in Afrika.
Agraringenieurin Katrin Pütz Bild: Katrin Pütz

Ihre Biogas-Technik ist inzwischen auch hierzulande gefragt. Spätestens seit dem Ukraine-Krieg sehen sich Menschen nach Alternativen zum russischen Gas um. Neben ihrem ausgefüllten Leben als Unternehmerin hat Katrin Pütz übrigens auch noch ein Haus gebaut aus Lehm und Stroh. Dort kann sie seit kurzem vollkommen energieautark leben. Gekocht wird darin natürlich mit Biogas – aus ihrem eigens erfundenen Rucksack.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Gesprächszeit, 11. Juli 2023, 18:05 Uhr

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