Im Porträt Miriam Stein schreibt über gereizte und weise Frauen

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Porträt von Miriam Stein
Miriam Stein Bild: Robert Rieger

Ihr Buch „Die Gereizte Frau“ über die weiblichen Wechseljahre wurde ein Bestseller. Jetzt schreibt Journalistin, Autorin und Aktivistin Miriam Stein darüber, wie das Wissen weiser Frauen der Welt guttun würde.

Porträt von Miriam Stein

Gesprächszeit Warum für Miriam Stein die Mitte des Lebens die beste Zeit ist

Für ihr neues Buch hat Miriam Stein mit Weisheits- und Alterforscherinnen gesprochen und ist bis nach Chile und Mexiko gereist.

Bild: Robert Rieger

In "Die gereizte Frau" hat Miriam Stein die Wechseljahre zur gesellschaftlichen Debatte gemacht. "Die Periode ist politisch – und ihr Ausbleiben auch", ist Stein überzeugt. Dafür hat sie die Bezeichnung "Menopausen-Aktivistin" verpasst bekommen. "Das ist sehr erfüllend – eine gute Überraschung des mittleren Lebens sozusagen", lächelt sie. "Ich glaube nicht, dass ich mit Anfang 20 oder 30 verstanden hätte, dass die Wechseljahre – Frauengesundheit allgemein – ein feministisches Thema ist. Eines, das besprochen werden muss. Umso stolzer bin ich heute, dass ich Teil dieser Generation von Frauen bin, die sich dafür einsetzt, dass es hier eine Enttabuisierung gibt."

Es gibt zu wenig Bilder von Frauen in der zweiten Lebenshälfte. Und das will ich ändern.

Miriam Stein über die Sichtbarkeit von älteren Frauen

Zusammen mit Frauen wie Gynäkologin Sheila de Liz oder Podcasterin Stephanie Hielscher hat sie die Initiative "Wir sind 9 Millionen" gegründet. Denn: "Wie kann das eine Nische sein? Wenn so viele Menschen betroffen sind?" Die Menopausen-Initiative setzt sich für niedrigschwellige Beratung und Behandlung ein, mehr Forschung zur Frauengesundheit, Aufklärung von Arbeitgebern und eine bessere Ausbildung im Medizinstudium. "Es gibt zu wenig Bilder von Frauen in der zweiten Lebenshälfte. Und das will ich ändern."

Die Welt braucht weise Frauen

In ihrem neuen Buch "Weise Frauen. Warum unsere Gesellschaft mehr weibliches Wissen braucht" widmet Stein sich nun der Weisheit von Frauen, deren Expertise unterbewertet, verzerrt oder vernichtet wurde: Heilerinnen, Schamaninnen oder Hebammen. Ihre eigene Weiblichkeit ist immer noch "Work in Progress", so die heute 47-Jährige: "Ich habe da eine Reise hinter mir, die glaube ich durch das Einsetzen der Wechseljahre mit Anfang 40, schneller und präziser wurde." Für ihr Buch hat Miriam Stein mit Weisheits- und Alterforscherinnen gesprochen und ist bis nach Chile und Mexiko gereist. Weil sie selbst eine weise Frau werden möchte: "Tatsächlich ist das Buch eine persönliche Geschichte für mich gewesen, weil ich mich nach dem Buch "Die gereizte Frau" gefragt habe: Was möchte ich denn? Was möchte ich, Miriam, für die zweite Lebenshälfte?"

Die beste Zeit meines Lebens ist jetzt!

Miriam Stein über die Tatsache, dass sie niemandem mehr etwas beweisen muss

Hoffentlich, so Stein, wird sie irgendwann eine weise Frau sein, die ihr Wissen an junge Frauen weitergibt. Vorbilder sind für die Berlinerin die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer oder auch die aktuelle US-Präsidentschaftsbewerberin Kamala Harris. Eine weise Frau mit klugem Rat hätte Miriam Stein auch ihrer Mutter gewünscht, die wegen einer Angststörung viele Jahre lang das Haus kaum verlassen konnte. "Es war natürlich nicht so ein leichtes Aufwachsen mit einer Mutter mit einer psychischen Erkrankung – zu einer Zeit, in der es psychische Erkrankungen quasi nicht gab. Und das ist vielleicht ein Grund, warum ich mich so für Frauengesundheit heute einsetze. Dass das anerkannt wird. Meine Mutter war ganz allein damit." Miriam Stein hat ihren Weg heute gefunden: "Die beste Zeit meines Lebens ist jetzt. Heute! Jetzt lebe ich für mich, nach meinen eigenen Bedingungen, nach meinen eigenen Entscheidungen. Ich muss nichts mehr beweisen."

In Südkorea auf der Reise zu sich selbst

Geboren wurde Stein 1977 in Südkorea, wo sie in einem Pappkarton ausgesetzt wurde. Nachdem sie in einem Kinderheim gelebt hatte, wurde sie von einer deutschen Familie aus Osnabrück adoptiert. Die Behörden gaben ihr den Namen Yung Min, damit sie ausreisen durfte. "Es ist gut, dass der Name da ist, damit man eine Erinnerung an die Person hat, die damals geboren wurde und die natürlich in einem anderen Land geboren wurde und eventuell einen ganz anderen Lebensweg gehabt hätte."

Es gibt für Kinder, die vor 1980 adoptiert wurden, wenig Chancen, Informationen über sich zu bekommen.

Miriam Stein über die Reise in ihr Geburtsland

Mit 30 ist Miriam Yung Min Stein schließlich nach Südkorea gereist, um ihr Geburtsland zu besuchen – und um vielleicht ihre Eltern zu finden. Seit dem Korea-Krieg in den Fünfzigern wurden weit mehr als 100.000 Kinder ins Ausland adoptiert. Doch Akten wurden damals nur selten angelegt oder sind verloren gegangen: "Ich habe eigentlich gar nichts rausgefunden. Es gibt für Kinder, die vor 1980 adoptiert wurden, wenig Chancen, Informationen über sich zu bekommen." Dafür hat Stein das erste Mal die Erfahrung gemacht, nicht wegen ihrer Aussehens aufzufallen. Als Kind wurde sie gelegentlich als "Chinesin" oder "Pekinesin" verspottet, als Erwachsene wird sie immer wieder wegen ihres Aussehens auf Englisch angesprochen. Wütend macht sie der Alltagsrassismus nicht, aber: "Es ist oft eine gewisse Trauer dabei, dass man sich im Jahr 2024 in Deutschland immer noch erklären muss, wenn man aussieht wie ich und trotzdem Deutsche ist."

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Gesprächszeit, 22. Oktober 2024, 18:05 Uhr

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