Auf der Bühne Familiendrama pur: "Ein Blick von der Brücke" am Theater Bremerhaven
Standdatum: 11. November 2024.
Das Familiendrama von Arthur Miller erlebte 1955 seine Uraufführung am Broadway in New York City und hatte zunächst wenig Erfolg, bis Miller es um einen zweiten Akt erweiterte. Jetzt ist der Klassiker am Stadttheater Bremerhaven zu erleben.
Worum geht es?
Wie eigentlich immer bei Arthur Miller, unter anderem auch Autor der Stücke "Tod eines Handlungsreisenden" und "Hexenjagd", geht es um das Scheitern der Protagonisten. In diesem Fall ist es ein italienischer Hafenarbeiter in Brooklyn, der Frau und Nichte mit harter Arbeit durchbringt und eines Tages die illegal eingewanderte Verwandtschaft seiner Frau aufnimmt. Die Liebesgeschichte, die sich dann zwischen einem Vetter und der Nichte anbahnt, offenbart, was tief in diesem älteren Mann schlummert. Es geht um Schutz und Respekt, um Ehre und auch um Eifersucht. Und wie so oft bei Miller nimmt die Geschichte kein gutes Ende.
Was gab es zu sehen?
Halb so viele Schauspielerinnen und Schauspieler, wie bei der Uraufführung stehen im Großen Haus auf der Bühne. In Alltagskostümen, die zu der Zeit, in der das Stück spielt, passen – also zu den 1950er Jahren in den USA. Dazu ein Bühnenbild mit Treppen, Stühlen, einem Tisch und einer angedeuteten Brücke, so wie es früher "ganz normal" war und heute kaum noch auf unseren Bühnen zu sehen ist. Pures Theater, auf den Text und das eingespielte Ensemble ausgerichtet.
Regisseur Tim Egloff hat den Klassiker in der übersetzten Fassung eigentlich so gelassen, wie Miller ihn vor rund 70 Jahren geschrieben hatte – nahezu ungewöhnlich im heutigen Theater in Deutschland. Hier war etwas zu sehen, so wie es gedacht war, als es geschrieben wurde. Das Publikum war aufgefordert, selbst Ableitungen daraus in der Gegenwart zu finden. Aus heutiger Sicht lässt sich vieles, was passiert, bereits ahnen – auch wenn man das Stück vorher nicht kannte. Aber dieser Vorsprung des Lebens, wenn ich es mal so nennen darf, lässt viel Zeit, darüber nachzudenken, was sich seit damals eigentlich wirklich geändert hat in unserem Alltag. Beim Thema Familie und beim Thema Einwanderung – um mal den ganz großen Bogen zu schlagen.
Was sagt unser Kritiker?
Das Große Haus in Bremerhaven war gut gefüllt und es gab am Ende langen Beifall. Ein Theaterabend, den man sich anschauen sollte, wenn man mal etwas Anderes sehen will – oder aber sich an vergangenen Zeiten im Theater erinnern möchte. Ich habe mir allerdings die Frage gestellt, ob man Handlung und Text nicht etwas hätte straffen können – 20, 30 Minuten wären sicher drin gewesen. Eben weil es mit Blick von heute keine wirklichen Überraschungen mehr gibt in den Texten von Arthur Miller. Etwas aus dem Rahmen fielen für mich nur die musikalischen Brücken, die zwischen den Szenen eingespielt wurden und wie Fremdkörper wirkten.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 10. November 2024, 14:38 Uhr