Auf der Bühne Langatmige Reise in Albaniens Vergangenheit

Autorin

Bühnenszene des Schauspiels "Frei. Erwachsenwerden am Ende der Geschichte" am Theater Bremen
Szene im autobiografischen Stück "Frei. Erwachsenwerden am Ende der Geschichte" Bild: Jörg Landsberg

In einer Uraufführung hat Regisseur Armin Petras im Kleinen Haus des Theater Bremen das autobiografische Buch der albanischen Philosophin Lea Ypi auf die Bühne gebracht: "Frei – Erwachsenwerden am Ende der Geschichte".

Worum geht es in dem Stück?

Bühnenszene des Schauspiels "Frei. Erwachsenwerden am Ende der Geschichte" am Theater Bremen
Fania Sorel in der Rolle der Lea Bild: Jörg Landsberg

Lea Ipy hat persönlich erfahren, dass Weltgeschichte auch Familienhistorie sein kann. Sie ist Jahrgang 1979 und hat das abgeschottete poststalinistische Albanien unter Enver Hodxa miterlebt und danach den Zerfall der Diktatur und die schwierigen Geburtswehen der albanischen Demokratie. Diese großen politischen Entwicklungen beschreibt Ypi sehr konkret anhand ihrer familiären Geschichte. Als Kind hat sie Enver Hodxa vergöttert. Dass ihre Eltern aber Gegner der Diktatur waren und dass ihr Urgroßvater sogar Ministerpräsident von Albanien gewesen war, das alles hat sie erst nach dem Umbruch von ihrer Familie erfahren. Dieses Tabu diente zu ihrem Schutz in einem Land, in dem Bürgerliche und Intellektuelle als Klassenfeinde galten. Wichtige Schlüsselszenen aus dem Buch wurden übernommen, einige dazu erfunden, unter anderem ein neuer Schluss. Aber auch damit bleibt die große Frage des Stückes ohne eindeutige Antwort, nämlich: Was bedeutet Freiheit?

Was gab es auf der Bühne zu sehen?

Bühnenszene des Schauspiels "Frei. Erwachsenwerden am Ende der Geschichte" am Theater Bremen
Ein schlichtes Bühnenbild symbolisiert den Mangel in Albanien vor 1990. Bild: Jörg Landsberg

Weil es im albanischen Sozialismus an so gut wie allem mangelte, kommt auch die Inszenierung mit wenigen Requisiten aus und mit einem schlichten Bühnenbild. Im Zentrum des ansonsten leeren Raums steht eine massive fensterlose Holzkonstruktion. Dieser Klotz soll an die zahllosen Bunker erinnern, die Staatschef Hodxa im ganzen Land hatte bauen lassen. Ab und zu wird das hölzerne Teil gedreht und verschoben. Dann bildet es den Teil einer Wohnung, eines Klassenzimmers oder eines ganzen Hafenbetriebs. Gekleidet sind die sechs Schauspielenden im Stil von Zeit und Land, Lea erst mit rotem Pionierhalstuch und später, in London, im stylischen Trench.

Was sagt unsere Kritikerin?

Das Theater Bremen hat ein gutes Gespür für Bücher, die wichtige Themen der Zeit aufgreifen. Wie eben hier die unzureichend aufgearbeiteten Folgen des Zusammenbruchs kommunistischer Diktaturen. Das bewegt uns ja auch gerade hierzulande angesichts der Wahlergebnisse in Ost-Deutschland. Die Inszenierung selbst bietet viele originelle und stark gespielte Momente. Andererseits gerät manches zum Klamauk, was wohl grotesk gemeint ist. Und nach der Pause, also nach dem Fall der sozialistischen Diktatur und dem hektischen Übergang zu Demokratie und Marktwirtschaft, verliert die Inszenierung ihren Fokus. Dann wird es zu fragmentarisch und trotzdem langatmig. Insgesamt bin ich also trotz der genannten Stärken nicht wirklich überzeugt, anders als die Autorin Lea Ypi, die auch im Publikum saß und mir zur Inszenierung sagte, "I love it".

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, der Morgen, 7. Oktober 2024 09:38 Uhr

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