Die Morgenandacht Im Stau

Porträt von Jeanette Querfurth

Die Morgenandacht Im Stau

Im Supermarkt in der Kassenschlange oder im Auto im Stau auf der Autobahn. Warten in der Gruppe lässt den Puls schneller schlagen. Jeder möchte einen kleinen Vorsprung ergattern. Pastorin Jeannette Querfurth plädiert stattdessen für biblische Gelassenheit.

Bild: Bremische Evangelische Kirche

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Im Supermarkt in der Kassenschlange oder im Auto im Stau auf der Autobahn. Warten in der Gruppe lässt den Puls schneller schlagen. Jeder möchte einen kleinen Vorsprung ergattern. Pastorin Jeannette Querfurth plädiert stattdessen für biblische Gelassenheit.

Der Klassiker: Sonnabends im Supermarkt an der Kasse. Man hat sich geduldig in der Schlange vorgearbeitet. Nur noch ein Kunde mit hoch getürmtem Einkaufswagen steht vor einem. Da passiert es: Nebenan wird eine neue Kasse geöffnet. Alles strömt von hinten an einem vorbei an das leere Band. Ärgerlich!

So ist das immer! Und die andere Schlange geht auch schneller voran. Man selbst steht immer in der falschen Schlange. Da, wo es auch noch Komplikationen bei den Kunden vor einem gibt. Nicht funktionierende Scheckkarten oder Diskussionen um Preise. Das Gleiche im Stau auf der Autobahn. Drei Spuren Autokolonnen schleichen dahin.  Aber dann wird es plötzlich rechts neben einem flott. Oder links. Also immer da, wo man gerade nicht steht. Auto um Auto zieht an einem vorbei, und der Puls steigt. Die Spur wechseln? Schwierig. Endlich tut sich eine kleine Lücke auf und man zieht rüber. Schon wird es langsam. Dann steht wieder die Schlange, in der man selbst ist, und die andere beschleunigt sich. Immer. Jedenfalls gefühlt. Murphys Gesetz.

Aber mal ganz ketzerisch gefragt: was ist eigentlich so schlimm dran, wenn jemand anders ein paar Minuten eher aus dem Supermarkt kommt? Mehr ist es ja nicht. Oder wenn ein anderer ein paar Minuten früher die nächste Autobahnabfahrt erreicht? Sind die Minuten so kostbar? Ist das ein Spiel, wo es um Sieger und Verlierer geht? Wer zuerst durch die Kasse oder den Stau kommt, hat gewonnen? Der Langsamere ist der Depp vom Dienst? Warum will man eigentlich jetzt sofort von der Stelle kommen, am besten Erste oder Erster sein?

Das ist übrigens nicht neu. Die Bibel erzählt viele Geschichten, in der sich Menschen benachteiligt fühlen, vordrängeln und Erster sein wollen. Und allen wird der Spiegel vorgehalten, wie unsinnig das am Ende ist. Sogar die Jünger Jesu, die es besser wissen sollten, sind nicht gefeit vor menschlicher Eifersucht. In einer Erzählung zanken sie darum, wer den besten Platz an der Seite von Jesus verdient. Jesus aber lässt sie abblitzen. Die Ersten sollen die sein, die sich zurücknehmen und für die anderen da sind, die ihnen sogar dienen. Der Theologe Fulbert Steffensky hat einmal gesagt: "Sofort ist eines der Grundworte der Gier. Sofort haben wollen, was die Augen sehen… und in allen Dingen Erster sein zu müssen. Dieses "Sofort" ist kein unschuldiges Wort. Es richtet sich gegen die anderen, denen man diktiert, Zweite oder Letzte zu sein..."

Ein Glück für uns, dass es die Bibel gibt, die nicht für die Sieger plädiert, sondern für die Rücksicht. Für die Umkehrung aller Werte. Sie sagt: So werden die Letzten die Ersten und die Ersten die Letzten sein. Sehr tröstlich!
Also: Locker bleiben an der Kasse und im Stau! Und vielleicht in aller Ruhe über diesen klugen Bibelspruch nachdenken: So werden die Letzten die Ersten und die Ersten die Letzten sein. 

Autor/Autorin

  • Jeannette Querfurth

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