Auf der Bühne Premiere: "Happy Nights" – über die vielen Gesichter der Sexarbeit

Premiere im Kleinen Haus

Autorin

Andor Rusu, Hannelore Dopmann und River Roux
Bild: Theater Bremen | Jörg Landsberg

"Happy Nights" – so heißt eine Kneipe in Walle mit einem besonderen "Puffambiente", wie es auf der Webseite steht. Diese Kneipe spielt in dem neuen Tanztheaterstück "Happy Nights" im kleinen Haus des Theater Bremens eine Rolle und lässt schon auf den Inhalt schließen: Es geht um Sexarbeit.

Worum geht es?

Happy Nights
Sexarbeiterin Sasha Sioux erzählt von verschiedenen Phasen ihres Lebens. Bild: Theater Bremen / Jörg Landsberg

Bei dem Stück wird verschiedenen Sexarbeitern und Sexarbeiterinnen die Bühne gegeben. Zusammen mit dem Tanzensemble des Theaters Bremen stehen sechs Menschen auf der Bühne, die Sexarbeit betreiben oder betrieben haben. Da erfährt man die Geschichte von Hannelore, die die besagte Kneipe "Happy Nights" in Walle betreibt. Oder von Sasha Sioux, eine trans Frau, gebürtig aus Sao Paolo, die ihren Körper in Deutschland seit 15 Jahren verkauft. Oder die Geschichte einer Studentin, die, um sich das Studium zu finanzieren, als Domina ihr Geld verdient. Und alles passiert in verschiedenen Räumen.

Was gab es zu sehen?

Csenger K. Szabo auf einem Untersuchungsstuhl
Tanz auf einem Gynäkologie-Stuhl. Bild: Theater Bremen | Jörg Landsberg

Im großen Raum des kleines Hauses sind Räume in Form von Holzboxen aufgebaut, in die die Zuschauerinnen und Zuschauer hineingehen können. Das Theaterstück wird also nicht im Sitzen geschaut, sondern jeder kann sich frei bewegen. Es gibt drei begehbare große Räume: Ein Schlafzimmer der brasilianischen Sexarbeiterin Sasha, alles sehr hell und reinlich gehalten. Ein Raum ist halb weiße Gynäkologie-Praxis, halb schwarzer BDSM- Dungeon (BDSM steht für Bondage, Discipline, Dominance and Submission). Und der dritte Raum ist die Kneipe “Happy Nights”, in der Hannelore und Beate sitzen - Rotlicht, Tresen, Polestange. Ein vierter großer Raum ist nur von außen zu betrachten: Dort wird sich in einem Wohnzimmer vor einer Kamera ausgezogen. Pro Raum erzählen die Sexarbeiterinnen ihre Geschichte, bleiben auch da, während die Tänzerinnen und Tänzer des Theaters einzelnd wechseln und immer für knapp fünf Minuten Choreografien machen, dann wieder in einen anderen Raum verschwinden. Das ganze dauert 90 Minuten.

Was sagt unsere Kritikerin?

Mir hat gut gefallen, wie sehr der Teilaspekt der Sexarbeit "für jemanden tanzen" in Frage gestellt wurde. Warum ist es in einer Kneipe an einer Polestange verpönter für jemanden für Geld zu tanzen als in einem Theater auf der Bühne? Wo unterscheiden sich die Rollen der Tänzer des Theaters mit denen der Sexarbeiter? Diese Spannung wurde deutlich, ohne die Sexarbeit als solche zu verharmlosen. Außerdem wurde das Thema sehr breit dargestellt: zum einen durch die Diversität der Darstellenden und zum anderen durch verschiedene Perspektiven, die zeigen wie man mit Sex Geld verdienen kann. Der Alltag und die Lebensrealität von Sexarbeit werden authentisch dargestell, ohne dass eine Geschichte prominenter als die andere erzählt wurde. Alles findet gleichzeitig statt und jeder muss selbst entscheiden, was er oder sie gerade sehen will. So verpasst das Publikum automatisch Teile des Stückes – und man möchte am Ende direkt nochmal rein, um den Rest auch noch zu sehen.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Morgen, 1. Oktober 2023, 9:38 Uhr

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