Im Porträt Warum dieser Podcaster millionenfach gehört wird

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Khesrau Behroz
Khesrau Behroz ist Journalist, Autor, Produzent und Host preisgekrönter Podcasts. Bild: Pauline Bossdorf

Khesrau Behroz ist einer der bekanntesten Podcaster. "WTF happened to Ken Jebsen" oder "Wer hat Angst vorm Drachenlord?" heißen seine erfolgreichsten Produktionen. Für seine Storytelling-Formate ist er mehrfach ausgezeichnet worden: unter anderem mit dem Grimme Online Award und dem Deutschen Podcast-Preis.

Khesrau Behroz

Gesprächszeit "Ich bin eher assimiliert worden als integriert" – Khesrau Behroz

Khesrau Behroz ist einer der erfolgreichsten Podcaster. Vor allem mit "WTF happened to Ken Jebsen" oder "Wer hat Angst vorm Drachenlord" wurde er bekannt.

Bild: Pauline Bossdorf

Mit der ersten Staffel von "Cui Bono: WTF happened to Ken Jebsen?" hat Khesrau Behroz einen Nerv getroffen: Der Podcast erzählt, wie sich der Radiomoderator Ken Jebsen Schritt für Schritt während der Coronakrise in einen der einflussreichsten Verschwörungstheoretiker Deutschlands verwandelt hat.

Ich glaube zum einen, dass diese Extrembeispiele halt tatsächlich Beispiele sind, die uns voranbringen, weil sie zeigen, welche Grenzen wir bereit sind zu akzeptieren als Gesellschaft.

Khesrau Behroz über die Figur Ken Jebsen

Es ist die Zeit der großen Querdenker-Demos und Khesrau Behroz interessiert sich für einen Mann, der auch vor Holocaustvergleichen nicht zurückschreckt. Was hat ihn an diesem Projekt gereizt? "Ich glaube zum einen, dass diese Extrembeispiele halt tatsächlich Beispiele sind, die uns voranbringen, weil sie zeigen, welche Grenzen wir bereit sind zu akzeptieren als Gesellschaft.", sagt er. "Und zum anderen haben wir uns für Ken Jebsen entschieden, weil er als Figur stellvertretend für uns erzählt hat, was in Deutschland in den letzten 20 Jahren so passiert ist."

"Verwandlung" ist sein Thema

Verwandlungen haben Khesrau Behroz schon immer fasziniert. Bereits in der Schule schrieb er Fantasie-Kurzgeschichten über magische Wesen und Zauberer. Heute interessiert sich der Journalist für Menschen, die abdriften und im Internet eine Maske aufsetzen: "Sie begeistern mich, weil sie immer nur Symptome für etwas Größeres sind. Diese Typen, die wir als irre bezeichnen, als etwas verrückt. Das ist im Grunde nur eine Ausrede, sich nicht näher mit ihnen zu beschäftigen. Ich glaube, es lohnt sich, da näher hinzuschauen."

Ein Anti-Influenzer präsentiert ein Leben, das keiner haben möchte.

Khesrau Behroz über den "Drachenlord"

Für die zweite Staffel "Cui Bono?" hat sich Khesrau Behroz mit dem Phänomen Internethass beschäftigt. Erzählt wird die Geschichte des Youtubers Rainer Winkler, dem selbsternannten "Drachenlord". Rainer ist heruntergekommen, hat keine für die Gesellschaft als ideal angesehene Körpermaße und postet Videos, in denen er sich Stullen schmiert. "Ein Anti-Influenzer präsentiert ein Leben, das keiner haben möchte.", fasst Behroz die Videos zusammen, die mit den Jahren immer mehr Hater anziehen. Sie terrorisieren Rainer massiv und nennen es das "Drachengame" spielen. 2014 begeht Rainer dann den fatalen Fehler und nennt seine Adresse auf Youtube. 900 Hater kommen ins kleine Dorf Altschauerberg und versuchen, Rainers Haus zu stürmen. Tumulte, Strafanzeigen und Gerichtsprozesse folgen. Es ist der bislang größte Fall von Cybermobbing in Deutschland, den Behroz hier nachzeichnet.

„Winter“ war sein erstes deutsches Wort

Khesrau Behroz
Khesrau Behroz kam mit sechs Jahren nach Deutschland. Bild: Marie-Lilien Funk

Seine Geschichten werden mit Preisen überhäuft und millionenfach abgerufen, denn die Erzählweise von Khesrau Behroz ist etwas Besonders: Er lässt die Protagonisten reden, statt über sie zu sprechen. Das Erzählen hat Tradition in der Familie Behroz: Khesraus‘ Mutter verfasst afghanische Poesie. Ende der 80er-Jahre flüchtete die Familie aus Kabul. Nach drei Jahren in Russland konnten sie in Deutschland Fuß fassen, doch die Studienabschlüsse der Eltern werden bis heute nicht anerkannt. Die Mutter ist Naturwissenschaftlerin, der Vater Veterinärmediziner. Khesrau ist sechs Jahre alt und erlebt, wie seine Mutter in der Systemgastronomie schuften muss. Heute ist sie Altenpflegerin, der Vater Taxifahrer.

Ich bin eher assimiliert worden als integriert.

sagt Khesrau Behroz über seine Schulzeit.

"Winter" ist das erste deutsche Wort, das Khesrau lernt. Die Schule hilft ihm, hier zurecht zu kommen, dennoch hätte er sich am Anfang mehr Unterstützung und Offenheit gewünscht: "Ich bin eher assimiliert worden als integriert." Er ist überzeugt, dass die Migration ein Mehrwert für diese Gesellschaft ist und fordert klar: "Wie werdet ihr eigentlich Teil von uns? Ich habe auch bestimmte Anforderungen. Ich möchte auch in diesem Land ernst genommen werden."

Das ist ihm gelungen. Nach dem Studium der Vergleichenden Literaturwissenschaften in Erfurt, Berlin und New York wird er mit 30 Jahren Mitbegründer der Berliner Produktionsfirma "Undone". Heute arbeitet er als Autor, Host und Podcast-Produzent in Berlin, zum Recherchieren und Schreiben zieht sich Khesrau Behroz aber gerne in die Brandenburgische Provinz zurück. Hier entstehen seine Ideen und als Journalist hat er ein konkretes Ziel: "Ich möchte, dass Leute von mir sagen, dass das, was ich hier gerade mache, dazu beiträgt, die Welt besser zu verstehen."

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Gesprächszeit, 30. März 2023, 18:05 Uhr

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