Die Morgenandacht Post aus der Vergangenheit
Standdatum: 27. Februar 2025.
Die Morgenandacht Post aus der Vergangenheit
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Pastorin Ulrike Bänsch fängt beim Aufräumen an, in alten Briefen zu stöbern. Und sie entdeckt dabei, wie sehr ihre gerade verstorbene Patentante immer an ihrem Leben teilgenommen hat.
Beim Aufräumen finde ich zwei Kartons mit alten Briefen in meinem Schrank. Ich hatte fast vergessen, dass ich sie aufbewahrt habe. Sie kommen aus einer Zeit in der E-Mails und Handys noch eine Zukunftsvision waren. Ich erinnere mich an Tage, an denen ich sehnsüchtig auf das Klappern des Briefkastens gewartet habe, weil ich auf handgeschriebene Post von Familienmitgliedern oder meinen Brieffreundinnen hoffte.
Ich unterbreche meine Aufräumarbeit und blättere die alten Briefe durch. Da sind rosa Briefumschläge mit Pferdebildaufklebern und schnörkeliger Mädchenhandschrift. Ich entdecke Liebesbriefe von meinem ersten Freund, Grüße von der Familie aus Sachsen und Urlaubspostkarten. Hängen bleibe ich an einem Stapel von Briefen, die in gerader klarer Handschrift an mich adressiert sind. Sie kommen von meiner Patentante aus Ostfriesland. Im vergangenen Jahr starb sie mit 87 Jahren.
Ich beginne zu lesen. Da sind Geburtstagsgrüße und gute Wünsche. Einen ersten langen Brief schrieb sie mir nach dem Tod meiner Mutter. Damals war ich acht Jahre alt, und ich weiß noch, wie dankbar ich war, dass ich einen ganz eigenen Brief von ihr bekam. Am Ende des Briefes steht der Satz: "Ich bete für dich." Ich weiß nicht, ob mir dieser Satz als Kind etwas bedeutet hat, aber jetzt bewegt er mich. Ich finde ihn auch in späteren Briefen von ihr. Sie schreibt ihn als ein weiterer Schicksalsschlag die Familie trifft. Sie schreibt ihn als ich ihr von meinem ersten Liebeskummer erzähle. Sie schreibt ihn, als sie weiß, dass ich mich in meinen Abschlussprüfungen befinde, als mein beruflicher Weg beginnt, zu meiner Hochzeit, als meine Tochter geboren wird. Immer wieder: "Ich bete für dich."
In all den Jahren haben meine Patentante und ich uns nur sehr selten gesehen. Oft lagen viele Jahre zwischen unseren Begegnungen. Heute rührt es mich sehr, dass sie mich offenbar in all den Jahren regelmäßig – vielleicht sogar täglich – in ihr Gebet eingeschlossen und an mich gedacht hat. Und auch, wenn mir das lange gar nicht bewusst war: wieso sollte es nicht dazu beigetragen haben, dass ich meinen Weg trotz aller Herausforderungen immer wieder so zuversichtlich gehen konnte.